17.7.2024
Lesezeit:
6 Minuten

Trockene/tränende Augen

Trockene, tränende und gereizte Augen sind eine Volkskrankheit mit meist Bakterien als Ursache

Dr. Valéry Vinzent Wittwer

Ungefähr zehn Prozent unserer Bevölkerung fühlt sich in ihrer Lebensqualität stark eingeschränkt durch trockene oder tränende Augen. Die Beschwerden äussern sich als müde Augen, Fremdkörpergefühl, Gefühl von Sand in den Augen, Kratzen, Augenrötung, Brennen, Blenden (Lichtempfindlichkeit), geschwollene oder verklebte Lider. Häufig ist auch vermehrtes Tränen vor Allem bei Kälte oder nach einem Windstoss Ausdruck von Trockenheit. Durch das Tragen von Kontaktlinsen, Computer- oder Nachtarbeit, sowie mit steigendem Alter verstärken sich die Beschwerden von trockenen Augen.

Was ist die häufigste Ursache von trockenen oder tränenden Augen?

Die Tränenflüssigkeit, die das Auge befeuchtet, wird von der Tränendrüse produziert und als wässriger Tränenfilm in den oberen Bindehautsack freigesetzt. Beim gesunden Auge wird dieser wässrige Tränenfilm von einem Ölfilm gleichmässig überdeckt. Dieser Ölfilm wird durch die Meibomdrüsen in den Lidrändern produziert und bei jedem Lidschlag auf die Augenoberfläche abgegeben. Ein vollständiger und intakter Ölfilm schützt den Tränenfilm vor dem Verdunsten und hält die Oberfläche der Hornhaut feucht und glatt.

Auge mit gesunden Meibomdrüsen (frontal)

Der Mechanismus von trockenen oder tränenden Augen ist bekannt und hängt in der Regel stark vom Zustand der Meibomdrüsen und von der Flora an den Lidrändern ab. Verstopfte Meibomdrüsen (Meibomdysfunktion) und Lidrandentzündung durch Bakterielle oder Demodex-Milben (Blepharitis) stören den öligen Schutzfilm und die Tränenflüssigkeit verdunstet rasch. Folglich trocknet die Augenoberfläche aus und es kann bei Kälte oder Luftzug zu einer typischen paradoxen Überreaktion der Tränendrüse mit ausgeprägtem Tränenlaufen, kommen.

Auge mit entzündeten Lidrändern und Bindehaut (frontal)
1. Tränendrüse
2. Meibomdrüse entzünet
3. Demodex
4. Wässriger Tränenfilm
5. Tränenlaufen

Wir wissen heute, dass Alter, Geschlechtshormone, Ernährung sowie gewisse Hauterkrankungen eine wichtige Rolle für die Entstehung des sogenannten Sicca-Syndroms spielen. Die genaue Ursache ist jedoch nicht vollständig geklärt. Nicht selten kann eine Lidrandentzündung zu einem Hagel- oder Gerstenkorn führen.

Wie können trockene oder tränende Augen erfolgreich behandelt werden?

Die optimale Herangehensweise ist ein bewährtes Stufenprinzip, wobei die Therapie schrittweise intensiviert werden kann:

  • Künstliche Augentropfen oder länger wirksames Augengel ersetzen den natürlichen Tränenfilm
  • Lidrandpflege verbessert die natürliche Zusammensetzung des Tränenfilms und kann selbstständig oder durch eine Zweitperson durchgeführt werden. Dabei werden die Meibomdrüsen in den Augenlidern durch Erwärmen aktiviert, danach massiert oder ausgestrichen und anschliessend gereinigt

> mehr erfahren

Lokale medikamentöse Behandlungen

Je nach Schweregrad der Meibomdrüsendysfunktion der Entzündung kommen unterschiedliche Medikamente nach der Pflege zur Anwendung

  • Desinifizierende Augensalben Posiformin
  • Fucithalmic Augensalbe enthält Antibiotikum um die unausgewogene bakterielle Flora in Schacht zu halten
  • Tobradex Augensalbe enthält neben Antibiotikum auch Kortison um die Entzündungsreaktion lokal zu behandeln
  • Nahrungsmittelergänzung wie Fischöl und Leinsamenöl haben einen positiven Einfluss auf die Entzündung der Lidränder und auf den Tränenfilm
  • Intensive Pulslicht-Therapie (IPL/E-Eye) stimuliert die Meibomdrüsen und reduziert krankhafte Blutgefässe in den Augenlidern, die Entzündungshormone freisetzten. Um einen deutlichen Effekt zu erzielen empfehlen wir vier Sitzungen (nicht Bestandteil der TARMED Leistungskatalog).

Behandlung bei Parasitenbefall oder assoziierten Hauterkrankungen

Bei diesen Krankheiten fällt die Trockenheit der Augen oder die Entzündung der Lider besonders schwer aus und erfordert entsprechend spezielle Massnahmen:

  • Demodex-Milben sind Parasiten, welche die Meibomdrüsen befallen können und mittels Medikamenten auf Teebaumölbasis (Naviblef) behandelt werden
  • Die Rosazea (Kupferrose) ist eine Hauterkrankung im Gesicht ähnlich wie Akne und kann zu trockenen Augen führen. Eine Kur mit Antibiotika-Tabletten kann als Behandlung herangezogen werden

Trockene Augen durch reduzierte Tränenproduktion

Seltener liegt die Ursache von trockenen Augen nicht an den Meibomdrüsen, die die Qualität des Tränenfilms beeinflussen, sondern an den Tränendrüsen, die zu wenig Tränenflüssigkeit produzieren. In diesem Fall spricht man von einem sogenannten Sjögren-Syndrom.

Dies ist eine rheumatische Systemerkrankung wobei alle Schleimhäute von Trockenheit betroffen sind. Hier helfen Cyclosporin-Augentropfen und Punctum-Plugs. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Rheumatologen ist im Falle eines ausgeprägten Sjögren-Syndrom mit systemischer Beteiligung von Vorteil.

  • Cyclosporin 0.05% (Ikervis) Augentropfen unterdrücken das Immunsystem auf eine sehr milde Art und lindern die Entzündung auf der Augenoberfläche (nicht Bestandteil der TARMED Leistungskatalog)
  • Eigenserum-Augentropfen enthalten u.A. körpereigene Wachstumsfaktroren, die besonders nachhaltig zur Befeuchtung und zur Regeneration der Augenoberfläche dienen

Weitere minimal-invasive Methoden helfen den Abfluss der verminderten Tränenflüssigkeit zu reduzieren, sodass die Tränen länger auf den Augen bleiben:

  • Punctum Plugs sind kleine Silikon-Stöpsel die den Abfluss der Tränen am Tränenpünktchen verschliessen und jederzeit wieder entfernt werden können. Dadurch verbleibt die Tränenflüssigkeit länger auf der Augenoberfläche (nicht Bestandteil des TARMED Leistungskatalog)
  • Botox-Injektionen lähmen die Muskelpumpe in den Tränenkanälen und verhindern so den Abfluss (nicht Bestandteil des TARMED-Leistungskataloges
1. Tränendrüse
2. Tränenweg
3. Punctum mit Plug
4. Muskelpumpe (Botox-Injektion)